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Über die Rechtmäßigkeit der Anwendung des Begriffs „Erneuerertum“ in Bezug auf die Politik des Metropoliten Sergij (Stragorodskij)

Autor: Erzpriester Dimitrij Svistov

VORWORT DER REDAKTION: Der nachfolgende Artikel beginnt mit dem Jahr 1927. Wir hielten es für notwendig, eine Einleitung hinzuzufügen, um denjenigen das Verständnis zu erleichtern, die mit der Geschichte der Verfolgung der Russischen Kirche weniger vertraut sind: Nach ihrer Machtergreifung erließen die Bolschewiki im Januar 1918 ein Dekret über die "Trennung von Kirche und Staat und der Schule von der Kirche" und entzogen den religiösen Organisationen den Status von juristischen Personen und jegliches Eigentum. Es war kein Zufall, dass die Kommission, die im April 1918 zur Umsetzung des Dekrets eingesetzt wurde, "Liquidationskommission" genannt wurde. Es begannen Beschlagnahmen mit Erschießungen von Geistlichen und Laien. F. Dzerzhinskij, der Leiter des Geheimdienstes VChK, baute eine Linie auf, um Geistliche zu rekrutieren und Agenten in die Kirche einzuschleusen. Sein Standpunkt: "Nur die VChK darf lavieren und ausschließlich zu dem Zweck, die Popen zu zersetzen".

Auch der Name des damaligen Erzbischofs Sergij (Stragorodskij) wurde im Zusammenhang mit der Schaffung einer Spaltung in der Kirche diskutiert: "SERGIY ist für diesen Zweck überhaupt nicht geeignet" (M. Latsis - VChK). Gemeinsam mit V. Lenin entwickelte L. Trotzki eine andere Variante des Lavierens, als nämlich im Zusammenhang mit der Hungersnot, die die Behörden zynisch ausnutzten, der Prozess der "Beschlagnahme kirchlicher Wertgegenstände" Fahrt aufnahm. Vor diesem Hintergrund traten die "Erneuerer" auf, liberal-sozialistische Modernisten, die nicht nur versuchten, kommunistische "Ideale" mit den christlichen zu vereinen, sondern auch zu einer weitreichenden Zusammenarbeit mit den Sowjetbehörden bereit waren. Zeitgleich mit der Brutalität, die durch Erschießungskommandos ausgeübt wurde, manövrierten die Behörden. Ein Geheimprotokoll des Politbüros der Partei vom März 1922 heißt: "Über die vorübergehende Zulassung des "sowjetischen" Teils des Klerus zu den Organen des Pomgol[1] im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Wertgegenständen aus den Kirchen (Vorschlag von T. Trotzki)". Eine Woche später wird Trotzkis Dokument diskutiert, in dem er von "loyalen Priestern" (Punkt 6), von "Vertretern des loyalen Klerus" (Punkt 13) und im Mai 1922 von der Notwendigkeit spricht, "den Geist des loyalen Klerus zu unterstützen". Dieser «loyale Klerus» hat schon konkrete Form. Im Zusammenhang mit der Verhaftung des heiligen Patriarchen Tichon hat eine Machtergreifung in der Kirche stattgefunden - es sind die «Erneuerer», denen (als Loyalen) die Sowjetmacht bald die Hälfte (50%) der Kirchen zur Nutzung überlassen wird, aber diese Kirchen bleiben weitgehend leer.[2] Es ist der Metropolit Sergij von Wladimir und Shuisky (Stragorodskij), der als erster regierender Bischof der Russischen Kirche die Verwaltung der Erneuerer offiziell anerkennt und die gesamte Kirche dazu aufruft, ihm darin zu folgen - zwei Erzbischöfe unterzeichnen die Erklärung mit: "[…] wir erklären, dass wir die Tätigkeit der Kirchenleitung voll und ganz teilen, sie als die einzige kanonisch legitime oberste kirchliche Autorität betrachten und alle von ihr ausgehenden Anordnungen als völlig legitim und verbindlich ansehen. Wir rufen alle wahren Hirten und treuen Söhne der Kirche auf, sowohl in den uns anvertrauten Diözesen als auch in anderen Diözesen, unserem Beispiel zu folgen."[3] Erst ein Jahr später konnte der Heilige Patriarch Tichon an die Spitze der Kirche zurückkehren. Um des Kampfes gegen die «Erneuerer» willen gab er den Forderungen der Behörden teilweise nach (nach langem Hausarrest, und zuletzt in völliger Gefängnisisolation). Metropolit Sergij musste vor dem Heiligen Patriarchen und dem Kirchenvolk offiziell Buße tun. Im April 1925 starb der hl. Patriarch Tichon. Die ersten beiden vom Patriarchen für das Bischofsamt benannten Kandidaten - die Metropoliten Kirill (Smirnow) und Agafangel (Preobraschenski) - waren in Verbannung und konnten ihre Rechte nicht wahrnehmen. Der Episkopat der Russischen Kirche erkannte Metropolit Peter (Poljanskij) als locum tenens an. Schon im Dezember 1925 wurde der unbeugsame Hierarch verhaftet. Bis zu seinem Märtyrertod - erschossen am 10. Oktober 1937 - ließ er sich nicht auf die Intrigen der Sowjetmacht ein. Metropolit Sergij wirkte in seiner Abwesenheit als Stellvertreter des Locum tenens. - Red.

Metropolit Sergij (Stragorodskij)
Metropolit Sergij (Stragorodskij)

Während seiner Haft im Frühjahr 1927 kam der Stellvertreter des Patriarchatsverwesers, Metropolit Sergij (Stragorodskij) bekanntlich zu dem Schluss, dass er unter dem Druck der OGPU gezwungen sei, sehr weit gehende Zugeständnisse an die gottfeindliche Staatsführung zu machen: Es ging um die Zustimmung zur vollständigen Kontrolle über die sogenannte Kaderpolitik der Kirche, d.h. um sämtliche Ortsbestimmungen und Ernennungen orthodoxer Bischöfe. Auf derartige Zugeständnisse ließen sich bis dahin sowohl seine Vorgänger in Sachen der Kirchenverwaltung, der Hl. Patriarch Tichon und der Hl. Metropolit Pjotr (Poljanskij), als auch er selbst während seiner ersten Stellvertretung im Jahre 1926 nicht ein. Die von ihm getroffene Wahl eröffnete eine Ära der neuen Beziehungen zwischen Kirche und Staat in der UdSSR – jene Epoche, in dem nicht mehr nur die pseudokirchlichen Strukturen der Erneuerer, sondern selbst „Tichon-Kirche“, wie sie damals bezeichnet wurde, – zumindest, was die Anhänger des Metropoliten Sergij betraf – ihre innere Freiheit im bedeutenden Maße verloren hat.

Die Zugeständnisse, die Metropolit Sergij 1927 im Namen der gesamten kirchlichen Hierarchie, jedoch ohne ihr Wissen, machte, ermöglichten ihm eine behördliche Registrierung, sowohl für sich selbst als auch für die von ihm gegründete Provisorische Synode, die ein Ende der Verfolgungen seitens der Staatsmacht zu versprechen schien. Bisher durften ausschließlich die Erneuerer einen ähnlichen rechtlichen Status genießen, während dieser Status der orthodoxen Hierarchie, die nacheinander von dem Hl. Patriarchen Tichon und dem Hl. Metropoliten Pjotr (Poljanskij) geleitet wurde, entzogen blieb. Nun wurde von den Machthabern ebenso die Kirchenverwaltung des Metropoliten Sergij registriert, und das ohne jegliche Verzögerung. Zweifelsohne betrachteten die Machthaber diese Verwaltung für annehmbar – im Gegensatz zu der, welche vom Patriarchen und dann seinem Verweser geleitet worden war – wobei die Staatsmacht ihre Entscheidung nicht zu bereuen hatte, wie die spätere Zukunft zeigte.

Bereits hier wird ein gewisses Erbe der Kirchenleitung des Metropoliten Sergij gegenüber den von der Sowjetmacht anerkannten Strukturen der Erneuerer Anfang und Mitte der 20er Jahre deutlich. Es sollte die Frage in den Raum gestellt und beantwortet werden, ob diese Nachfolge nur rein formal und äußerlich war, oder ob sie nicht doch etwas Wesentlicheres in der Art ihrer Kompromisse mit der gottfeindlichen Macht enthielt, welche Metropolit Sergij einzugehen sich entschloss. Mit anderen Worten: Ist aufgrund dieses Erbes Metropolit Sergij den Erneuerern gleichzusetzen? Wenn ja, in welcher Hinsicht und in welchem Ausmaß?

Im Zuge der im selben Jahr 1927 aufgeflammten Kritik, gerichtet gegen Metropolit Sergij, in dessen Vorgehen von da an zunehmend der Einfluss von E.A. Tutschkov, dem Leiter der 6. Abteilung des Geheimdienstes OGPU, zu erkennen war, wurden verschiedene Vorwürfe an den Stellvertreter (Metropolit Sergij) erhoben. Einer der schwersten und prägnantesten ist wohl der Vorwurf des verborgenen Erneuerertums, der bereits Ende der 20er Jahre von einigen Vertretern der Hierarchie geäußert wurde. Besonderes Gewicht erhielt dies, weil Metropolit Kyrill von Kasan (Smirnov) es war, einer der hoch geschätzten Bekenner der damaligen Zeit, der auf diese Anschuldigung in mehreren seiner Briefe zu sprechen kam. Wir wollen die Logik dieser Äußerungen – soweit sie in dem Schriftwechsel zu verfolgen ist – und ebenso die Beweggründe des Hl. Metropoliten Kyrill für diesen Vorwurf kurz unter die Lupe nehmen. Das kann uns bei der Klärung der Frage hilfreich werden, ob der Begriff „Erneuerertum“ auf die Politik des Metropoliten Sergij anwendbar ist.

Metropolit Kyrill von Kazan
Metropolit Kyrill von Kazan

In der Korrespondenz zwischen den Metropoliten Sergij und Kyrill, die von 1929 bis 1933 mit einigen Unterbrechungen stattfand, stand die von Metropolit Sergij im Frühjahr 1927 veranlasste Gründung der Provisorischen Synode im Fokus der Polemik. In einem weiteren programmatischen Dokument von 1934 (in der Ermittlungsakte: „Deklaration des Metropoliten Kyrill“)[4] bezeichnet Metropolit Kyrill diese Synode als eine „rein erneuerische Institution“[5], womit er meint, dass deren Gründung eine widerrechtliche Machtaneignung ist, wie sie eben den Erneuerern eignet, und womit Metropolit Sergij in die gleiche Kategorie fällt. Diese Sichtweise des Metropoliten Kyrill wird von dem an den äußersten Polarkreis verbannten Patriarchatsverweser Metropolit Pjotr (Poljanskij) bestätigt, der im ersten Brief an seinen Stellvertreter Sergij vom Dezember 1929 bezeugt, keinerlei Gründungsrechte an Metropolit Sergij gegeben zu haben[6]. Kann jedoch die Gründung der Synode 1927 eher nur als ein Machtmissbrauch des Stellvertreters interpretiert werden[7], so ist die eigenmächtige Aneignung der Vollmachten des Patriarchatsverwesers im Jahre 1936[8] etwas anderes. Mag die von den Behörden an Metropolit Sergij übermittelte Nachricht vom Tod des Metropoliten Pjotr als Desinformation gelten – dennoch ist dessen Handeln nichts anderes als eine unmittelbare Usurpierung der ihm nicht zustehenden Macht, weil der von den drei durch Patriarch Tichon testamentarisch benannten Patriarchatsverwesern Metropolit Kyrill ursprünglich der erste war, und somit rechtmäßig die Leitung der Kirche zu übernehmen hatte. Er war noch am Leben. Eben dieses Ereignis von 1936 war offenbar Anlass für die Formulierung von der „Erneuerer-Natur des Sergianismus“ im unvollendeten Schreiben des künftigen Heiligen Märtyrers Kyrill vom 8. März 1937[9].

Aber dem Metropoliten Kyrill, und nicht nur ihm, galten als Hauptgrundlage für das Begreifen des Sergianismus als Erneuerertum andere Faktoren. Diese Faktoren aufzuklären und zu analysieren, ist schwierig, was damit verbunden ist, dass sowohl Metropolit Kyrill als auch seine Gleichgesinnten es vermieden, ihre tiefgründigsten Gedanken in Briefen niederzulegen, die von den Machthabern gelesen wurden. Das muss besondere Hindernisse für Metropolit Kyrill geschaffen haben, wodurch das Spektrum seiner Argumente auf die Frage der äußeren, formalen kirchlich-kanonischen Bestandskraft (besser: fehlenden Bestandskraft) der Neuerungen von Metropolit Sergij, reduziert blieb. So war Metropolit Kyrill gezwungen, seine Argumentation gegen die Provisorische Synode zum größten Teil auf der Grundlage desselben kanonischen Rechts aufzubauen, dessen sich Metropolit Sergij bediente. Dieser Aspekt war aber kaum der hauptsächliche in den Augen des heiligen Hierarchen von Kasan.

Zweifellos war für Metropolit Kyrill in der Frage der Provisorischen Synode hingegen Folgendes: Die Synode war das Instrument, das die gottfeindliche Macht nutzen konnte und musste, um ihr Ziel der Zerstörung der Kirche von innen her zu erreichen.   

Der heilige Metropolit von Kasan konnte unmöglich übersehen haben, wie bequem dieses Kind des Metropoliten Sergij für die Machthaber war. Vielen der im kanonischen Recht wenig bewanderten Klerikern und Laien schien diese Synode durchaus legitim zu sein. Dabei war dieses Zentrum der kirchlichen Verwaltung der Deckmantel für zahlreiche zerstörende Maßnahmen des OGPU gegen die Kirche, dank dem sich diese Maßnahmen als innerkirchliche hierarchische Handlungen darstellten; so die Beseitigung der für die Machthaber ungenehmen Hierarchen und kanonische Verbote gegen sie.[10] Wie  Erzpriester Michail Pol’skij später zutreffend bemerkte, „sich gegen unerwartete Auftritte des Ersthierarchen abzusichern, dessen Willen zu binden, ihn einzuschränken und, vor allem, in entsprechende Bahnen zu lenken, konnte das GPU nur durch die Synode, deren Zusammensetzung aus lediglich dem GPU genehmen Personen das Leben selbst erzwang.[11]

Metropolit Kyrill von Kazan

Es gibt allen Grund anzunehmen, dass die Kritiker des Metropoliten Sergij keineswegs über die Zugeständnisse unwissend waren, die ihr Opponent an die Staatsführung gemacht hatte und die von ihnen als Verrat der Kirche betrachtet wurden – denn mit denselben Angeboten von Kompromissen waren manche dieser Kritiker selbst zuvor konfrontiert worden.[12] Das wichtigste dieser Zugeständnisse bestand, wie erwähnt, in der Zulassung der politischen Macht zur Kontrolle über die Personalpolitik der Kirche, d.h. über alle Ernennungen orthodoxer Bischöfe, was die Kirche der Gefahr aussetzte, ihre innere Freiheit vollständig zu verlieren. Um die ohnehin schwere Lage des inhaftierten Patriarchatsverwesers, Metropolit Pjotr, nicht zusätzlich zu belasten, vermied es Metropolit Kyrill, seine eigenen Überlegungen zu den Kompromissen dem Stellvertreter Metropolit Sergij  offen mitzuteilen. Jedoch, wie eine gründliche Analyse der Korrespondenz erweist, setzte Metropolit Kyrill, indem er auf den Scharfsinn seines Adressaten vertraute, hinter den wenigen Punkten der offenen Kritik das ganze Ausmaß der Probleme still voraus – Probleme der äußersten Abhängigkeit von der politischen Macht, in welche die Kirche von ihrem agierenden Leiter, dem Stellvertreter Metropolit Sergij, gebracht worden war.[13]   

Genau diese fast vollständige, größtenteils erniedrigende Abhängigkeit der Kirche von der gottfeindlichen Macht die außerdem die Gefahr barg, eine immer stärker werdende innere Degradierung ihrer Kleriker nach sich zu ziehen – war für Metropolit Kyrill und seine Gleichgesinnten, u. E. der Hauptgrund, weshalb sie dem Metropoliten Sergij das Erneuerertum anlasteten.

Hier möchten wir nur einen Aspekt dieser Abhängigkeit beispielhaft näher untersuchen, und zwar den Aspekt, bei dem sowohl die Erneuerer als auch Metropolit Sergij von der Staatsmacht für ihre eigenen Zwecke benutzt wurden.

Die Erneuerer hatten anscheinend nicht den Verdacht, dass die zeitweise Gunst des sowjetischen Regimes zu ihnen nur eine Ursache hatte: den Wunsch, sie als Werkzeug im Kampf gegen ihre eigenen ehemaligen Brüder, Kleriker und Laien, die nun als „Tichon-Anhänger“ bezeichnet wurden. Das Szenario dieses Kampfes beinhaltete folgende Etappen:

  1. Aufdeckung des „konterrevolutionären“ (in den Augen des Staates) Teils des Klerus und der Laien, also der “Tichon-Anhänger” durch deren Opposition zu den Erneuerern.

  2. Verdrängen des „konterrevolutionären“ Anteils des Klerus und der Laien aus dem legal existierenden Kirchenleben durch Repressionen – zunächst seitens der pseudokirchlichen Strukturen der Erneuerer (Verbot, Entzug der kanonischen Befugnisse u.s.w.), und in der Folge ebenso seitens des Staates (Inhaftierung, Verbannung), und schließlich

  3. Physische Vernichtung aller „konterrevolutionär gesinnten“ Kleriker und Laien. Die Erneuerer stellten sich bei dieser letzten Etappe des Kampfes als eine ziemlich nützliche ideologische Deckung heraus. Das Vorhandensein ihrer pseudokirchlichen Strukturen sollte eine prinzipielle Zulassung des religiösen Lebens in der UdSSR vortäuschen.

Hinzufügen ist, dass das obige Szenario des Kampfes gegen die Religion in der UdSSR nur bedingt als Reihenfolge zu sehen ist – alle drei Punkte des Plans konnten zeitgleich  umgesetzt werden.

Gewiss ohne es selbst zu ahnen – was zu seiner Ehrenrettung gesagt sei – bescherte Metropolit Sergij 1927 sich und seinen Anhängern dasselbe bittere Schicksal, das sich die Erneuerer zuvor beschert hatten. Indem er die Legalisierung seiner kirchlichen Verwaltung gegen die Verpflichtung des Gehorsams in allen essentiellen Fragen gegenüber der OGPU eintauschte – mit anderen Worten, indem er die innere Freiheit und die Würde der Kirche an die gottfeindliche Staatsführung opferte – wurde er zum „Stein des Anstoßes“ für all diejenigen, die ähnlich dem Metropoliten Kyrill (Smirnov), einem derartigen Kompromiss grundsätzlich aus Gewissensgründen nicht zustimmen konnten.

Des Weiteren begann ein jahrzehntelanges Ausnutzen des Metropoliten Sergij und dessen Anhänger durch die Staatsführung zum Zwecke der Unterdrückung und der Vernichtung all derjenigen, die ihre christliche Freiheit in einem totalitären gottlosen Staat bewahren wollten. Bewusst motivierten die Machthaber Metropolit Sergij zu jenen Entscheidungen, durch welche die Verfechter der „Wahrheit und Würde der Kirche“ dazu provoziert werden sollten, offen gegen ihn und somit gegen die Staatsmacht nach Ansicht der Letzteren, aufzutreten. Auf diese Art und Weise wurde die erste Etappe des Kampfes gegen die Kirche in die Tat umgesetzt – das Ermitteln der Gegner von Metropolit Sergij, die zugleich als nicht loyal gegenüber der Staatsmacht angesehen wurden.

Erneut ist hervorzuheben: Nicht mehr nur die Erneuerer, sondern die orthodoxe Hierarchie selbst, die von Metropolit Sergij geleitet wurde und die Last seiner Kompromisse mittrug, stellte sich als Handlanger der Macht bei den Repressionen gegen die Kirche heraus, d.h. gegen diejenigen, die derart weitgehende Zugeständnisse an die Staatsführung ablehnten!

Metropolit Joseph von St. Petersburg.
Metropolit Joseph von St. Petersburg. Einer der Gegner von Metropolit Sergijs Politik. Im Moskauer Patriarchat ist er bis heute nicht in den Heiligenkalender aufgenommen.

Die zweite Etappe des Kampfes war noch tragischer und wurde für die Andersdenkenden oft zur Etappe im unmittelbaren Sinne des Wortes.[14] In diesem Zusammenhang erhält eine Passage im Brief des Metropoliten Kyrill vom 17./30. Januar 1930 an Metropolit Sergij einen wahrlich unheilvollen Charakter. Hier teilt er dem Empfänger des Briefes mit, sein Adressat habe Metropolit Kyrills „Auftritt“ im Namen der niedergetretenen „Wahrheit und Würde der Orthodoxen Kirche“ umgewandelt in einen „Vorwand zur Abrechnung“ mit ihm.[15] Mit dem Wort „Abrechnung“ meinte Metropolit Kyrill den Beschluss des Metropoliten Sergij sowie der Synode, Ersteren von der Leitung der Diözese von Kasan zu entbinden und in den Ruhestand zu entlassen. Jedoch für uns, die wir wissen, wie regelmäßig die Straforgane der OGPU bei ihren Repressionen Ende der 20er- Anfang der 30er Jahre auf die administrativen Anweisungen des Metropoliten Sergij reagierten, indem sie diejenigen festnahmen und verbannten, die seinen kanonischen Sanktionen ausgesetzt worden waren – erscheint das Wort „Abrechnung“ in einem anderen, viel traurigeren Licht. Ungewollt schien Metropolit Sergij mit seinen Sanktionen der Staatsführung anzuzeigen, gegen wen in erster Linie die Repressionen zu richten sind.[16] Somit lag auf Metropolit Sergij und seiner Synode in zahlreichen Fällen zumindest ein Teil der moralischen Verantwortung für das Schicksal der verfolgten Bekenner.

Die dritte Etappe des Kampfes gegen die Kirche zielte auf die physische Vernichtung der Kleriker sowie aktiver Laien. Hierbei wurden, mit Beginn der ersten Hälfte der 30er Jahre, bereits nicht selten auch gegen Gefolgsleute des Metropoliten Sergij selbst und ebenso gegen Erneuerer Todesurteile verhängt.

In dieser Periode diente die Provisorische Synode des Metropoliten Sergij (bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1935) als ideologischer Deckmantel für die Repressionen gegen die Kirche seitens der Staatsmacht.[17]

Die schlimmste Begleiterscheinung dieser Etappe der Teilnahme von sergianscher Hierarchie am Kampf gegen die Kirche bestand in der Verleugnung, die Metropolit Sergij und seine Anhänger ihren eigenen Mitbrüdern gegenüber begangen – den Mitbrüdern, die ihres Mutes wegen zu Bekennern und anschließend zu Märtyrern wurden. Diese Verleugnung schloss sowohl die Verweigerung der liturgischen Kommemoration der Namen von verbannten Hierarchen ein als auch deren Anschuldigung wegen ihrer vermeintlich „konterrevolutionären“ Haltung.[18] Neben der Haltlosigkeit solcher Beschuldigungen waren sie außerdem noch besonders taktlos, denn unter den Beschuldigten ließ sich unausweichlich ebenso derjenige finden, dessen Stellvertreter Metropolit Sergij war – Patriarchatsverweser Metropolit Pjotr, der bis ans Ende seiner Tage in Verbannung bzw. in Haft verblieb. Zweifelsfrei richtete Metropolit Sergij derartige Anschuldigungen nur schweren Herzens an die Bekenner der Kirche, wohl weil er dachte, sein Versprechen verpflichte ihn zur Loyalität gegenüber dem (gottfeindlichen) Staat. Offenbar weitete sich die Notwendigkeit dieser „Loyalität“ in der Vorstellung des Metropoliten Sergij über das „unpolitisch“ Sein hinaus, über das Metropolit Kyrill während eines seiner Verhöre zu sprechen wagte[19] und über das ebenso Metropolit Pjotr an Metropolit Sergij schrieb.[20] Die Forderung, „loyal“ zu sein, bedeutete in den Augen des Metropoliten Sergij die Verpflichtung für die gesamte Kirche, die Staatsideologie zu teilen – ohne dies hätte man sich kaum über die „Freuden“ der eigenen Heimat freuen können[21], einer Heimat, die gottfeindlich geworden war. Diesbezüglich war Metropolit Sergij bereit, die Kirche denselben Weg folgen zu lassen, den die Erneuerer längst eingeschlagen hatten, was diese auch mit Zufriedenheit vermerkten.[22] Selbstverständlich war solch ein Weg für den Metropoliten Kyrill und seine Gleichgesinnten absolut unannehmbar, weil er zum Verlust der ”Würde der Kirche” führte, ihre Wahrheit „verletzte“ und „ihr orthodoxes Antlitz“ entstellte.[23] Die Hierarchen, Kleriker und Laien, die in Opposition zu Metropolit Sergij standen, bevorzugten bei ihrer „heiligen Entrechtung“ zu bleiben, als die Legalisierung zu akzeptieren, welche eine folgenschwere Missachtung des „Vorbildes der Heiligen Kirche um der Aufrechterhaltung des äußeren Dekors und des persönlichen Wohlergehens willen“[24] enthielt.

Abschließend lässt sich feststellen, dass das von Metropolit Sergij ins Leben gerufene Zentrum der Kirchenverwaltung eine durchaus annehmbare Alternative für die gottfeindliche Staatsführung darstellte, aufgrund der vollkommenen Abhängigkeit dieses Zentrums von den Organen der OGPU. Nicht diesem Zentrum zum Trotz, sondern oft gerade mit dessen Hilfe als eines gewissen ideologischen Instrumentes plante die Staatsmacht, die nachfolgende Unterdrückung des religiösen Lebens in der UdSSR bis hin zu dessen vollständigem Verschwinden in die Tat umzusetzen, wobei das Vorhandensein des religiösen Lebens – in der Weise, wie es dieser Staatsmacht zugleich vorgetäuscht wurde.  Diesbezüglich lässt sich eine deutliche Ähnlichkeit zwischen der Kirchenverwaltung des Metropoliten Sergij und den pseudokirchlichen Strukturen der Erneuerer feststellen. 

Somit sind wir gezwungen, die Frage der gerechtfertigten Anwendung des Begriffs „Erneuerertum“ in Bezug auf die Politik des Metropoliten Sergij positiv zu beantworten. Dabei ist zu bemerken, dass das Erneuerertum des Metropoliten Sergij im Vergleich zu den vorangegangenen Formen (z.B. „Lebendige Kirche“ oder „ Union der Gemeinden der altapostolischen Kirche“) einen viel feineren und verborgeneren Charakter hatte – speziell durch die Zurückweisung anti-kanonischer Neuerungen, wie z.B. dem nicht aus dem Mönchtum stammenden, sogenannten „weißen“ Episkopat[25] u.ähnl.; ebenso dadurch, dass die apostolische Nachfolge von der sergianschen Hierarchie unberührt bewahrt wurde; sowie durch die Rechtmäßigkeit der kanonischen Befugnisse des Metropoliten Sergij. Diese Umstände zwangen die spirituell-nüchternsten Zeitgenossen, auf zu kategorische Bewertungen zu verzichten. Die oben genannte Bezeichnung des Metropoliten Kyrill (Smirnov) ist eben durch ihren gemäßigten Charakter bemerkenswert. Der Hl. Kyrill setzte kein Gleichheitszeichen zwischen dem Erneuerertum und Sergianismus, indem er bloß auf die „Erneuerer - Natur“ im Letzteren hindeutete. Dennoch schließt das, unseres Erachtens nach, eine prinzipielle Gleichsetzung der beiden nicht aus.

Ungeachtet dessen, dass sowohl die Erneuerer als auch Metropolit Sergij die gleiche Rolle bei der Zerstörung der Kirche spielten, blieb ein prinzipieller Unterschied zwischen ihnen. Der Letztere meinte sich als orthodoxer Bischof, der die Kirche um jeden Preis vor Vernichtung bewahren wollte, während zahlreiche Erneuerer ohne Scham und Gewissen zynisch versuchten, die Staatsmacht auf Repressionen gegen diejenigen zu provozieren, die sie (die Erneuerer) für die eigenen Opponenten hielten[26]. Jedoch bestand gerade darin die sowohl menschliche als auch pastorale Tragödie dieses bemerkenswerten Hierarchen, dass bei allen seinen - wollen wir es hoffen – aufrichtigen und guten Bestrebungen, die von ihm 1927 falsch getroffenen und bis zum Ende seines Lebens nicht wieder gut gemachten Wahl auch ihn auf fatale Weise in die Reihen der Zerstörer der Kirche stellte.

[1] Typische sowjetische Abbreviation aus «Pomoshch golodajushchim» - Komitees «Hilfe den Hungernden».

[2] Diese Dokumente wurden erst 1990 bekannt, siehe Izvestiya TsK CPSU, Nr. 4, S. 194-197. Zu Dserschinski und Latsis siehe: Kreml-Archiv, Das Politbüro und die Kirche 1922-1925, Nowosibirsk-Moskau 1997, S. 9. Zu Trotzkis Aktivitäten, ebenda, S. 20-61. Geheimprotokoll über den "sowjetischen" Klerus, ebd., S. 121.

[3] Aus: «Akten Seiner Heiligkeit des Patriarchen Tichon», M. 1994, S. 218-219. Tatsächlich schloss sich zu dieser Zeit auch ein dritter Bischof an, dessen Unterschrift von den Erneuerern jedoch nicht veröffentlicht wurde.

[4] Mazyrin A., Pr. Großtat des Dienstes als Ersthierarch des Metropoliten Pjotr. Sammelband: KIFA.

Patriarchatsverweser Hl. Märtyrer Pjotr, Metropolit Krutizkij (1862-1937). M.: Verlag der Orthodoxen Geisteswissenschaftlichen Universität zu Ehren des Hl. Tichon. 2012. S. 689. [russ. - ebenso wie alle nachfolgenden bibliographischen Angaben – Red.]

[5] Archiv der Druckerei des Hl. Hiob von Pocaev (Jordanville). Heft des Bischofs Damaskin (Zedrik). Bl. 4-5 (Zitiert nach : Mazyrin A., Pr., ebd. S. 692)

[6] Mazyrin A., Pr., Die höchsten Hierarchen über die Nachfolge der Macht in der Russisch-Orthodoxen Kirche in den 1920er-1930er Jahren. M.: Verlag der Orthodoxen Geisteswissenschaftlichen Universität zu Ehren des Hl. Tichon. 2006. S. 381

[7] Wie darauf u.a. die Autoren des so genannten „Kiewer Aufrufs“ vom Oktober 1927 hinweisen (Akten des Hl. Tichon, Patriarche von Moskau und ganz Russland, die letzten Dokumente und Schriftwechsel über die kanonische Nachfolge der höchsten kirchlichen Macht, 1917-1943 / Hrsg. M.E. Gubonin, M. 1994. S. 518; Shkarovskij M. V. Josifljanertum. S. 206-207)

[8] Akten des Hl. Tichon, Patriarch von Moskau und ganz Russland, die letzten Dokumente und Schriftwechsel über die kanonische Nachfolge der höchsten kirchlichen Macht, 1917-1943/ Hrsg. M.E.Gubonin, M.: Verlag der Orthodoxen Geisteswissenschaftlichen Universität zu Ehren des Hl. Tichon, 1994. S. 707

[9] „Die Ereignisse der letzten Zeit ließen jedoch definitiv die Erneuerer-Natur des Sergianismus erkennbar werden“ (Zitiert nach: Geschichte der Russisch-Orthodoxen Kirche: Von der Wiederherstellung des Patriarchats bis zu unserer Zeit, 1917-1970, SPb., 1997. S. 982).

[10] Der sowjetische „Oberstaatsanwalt“ E.A. Tutschkov schrieb eigenhändig 1929, wenn auch in einem die eigenen Errungenschaften aufbauschenden Ton: „Sergijs Synode gab ein Rundschreiben an die Diözesanbischöfe heraus mit der Auferlegung der Verantwortung für die politische Vertrauenswürdigkeit der Geistlichen und mit Vorschriften über kirchliche Repressionen für antisowjetische Tätigkeit. Sergij selbst begann ebenfalls mit diesen Repressionen, indem er die schuldigen Popen entlässt“ (Mazyrin A., Pr. Zur Frage über die „Erneuerer-Natur des Sergianismus“. Der Bote der Orthodoxen Geisteswissenschaftlichen Universität zu Ehren des Hl. Tichon II: Geschichte. Geschichte der Russisch-Orthodoxen Kirche. 2015. Ausg. 2 (63). S. 92.

[11] Pol’skij M., Pr. Die Lage der Kirche im sowjetischen Russland: Essay eines aus Russland geflüchteten Priesters. Jerusalem, 1931. S. 25-26 (Masyrin A., Pr., Großtat des Dienstes als Ersthierarch.. S. 443).

[12] Zum Beispiel Metropolit Kyrill (Smirnov) (Zuravskij A.V. Im Namen der Wahrheit und Würde der Kirche. Lebensbeschreibung und Werke des Hl. Märtyrer Kyrill von Kasan. M.: Verlag des Sretensky Klosters, 2004. S. 283) sowie Erzbischof Serafim (Samojlowitsch). So berichtet der ehemalige Zellendiener des Erzbischof Serafim, bis 25.03 / 7.04.27 Stellvertreter des Patriarchatsverwesers (während der Haft des Metropoliten Sergij) Folgendes über die Verhandlungen seines geistlichen Vaters mit der Staatsmacht: „Vladyka sagte mir, dass ihm als Oberhaupt der Kirche damals von der Staatsführung die Synode angeboten wurde… Es wurde auch darauf hingewiesen, wer als Mitglied der Synode in Frage kam. Er lehnte ab… Und bekam alsdann drei Jahre im Solowezki Lager“ (Mazyrin A., Pr. Großtat des Dienstes als Ersthierarch… S. 583).

[13] Diesen Umstand versuchte Bischof Damaskin (Cedrik), einer der nahestehenden Gleichgesinnten des Metropoliten Kyrill, bereits im Oktober 1929 dem Metropoliten Sergij klar zu machen: „Die Frage über die Vollmächte und die damit verbundene Frage über Ihr Recht, den früher festgelegten (und demzufolge für den Vertreter obligatorischen) Kurs des Schiffes der Kirche eigenhändig zu ändern, hat eine breite prinzipielle Bedeutung; aus taktischen Gründen eingeschränkt auf die einzige für die offene Auslegung harmlose Frage über Ihre Synode, schließt sie gewiss ebenso alle anderen Verlegenheitsfragen mit ein“ (Kursiv von mir – D.S.) („Dies ist ein Gram für die Kirche, jedoch nicht ihr Tod…“: Aus der Ermittlungsakte des Hl. Märtyrer Metropoliten Kyrill von Kasan (1930) / Publ. und Fußnote N.A. Kryvoschejewa und A.V. Mazyrin // Theologischer Sammelband. 2001. Ausg. 8. S. 343)

[14] Zhuravskij A.V. Im Namen der Wahrheit und Würde der Kirche… S. 326.

[15] Kurz nach dem Versenden seines Briefes vom 17./30. Januar 1930 an Metropolit Sergij wurde Metropolit Kyrill verhaftet und ins Gefängnis von Krasnojarsk gebracht. Wie aus der Anklageschrift seiner neuen Akte hervorgeht, wurden ihm „Opposition zu Starogorodskij (Orthographie falsch) und eine Kampagne für das Liquidieren der Synode sowie für die Wiederherstellung des Patriarchen mit uneingeschränkter Macht als Oberhaupt der Kirche“ zur Last gelegt (Archiv UFSB RF im Kreis Krasnojarsk. D. P-17429. Bl. 52. Zitiert nach: Mazyrin A., Pr. Die höchsten Hierarchen über die Nachfolge der Macht… S. 84).

[16] Als eines der Beispiele kann das „Interview“ des Metropoliten Sergij angeblich mit sowjetischen und ausländischen Journalisten vom 5. und 18. Februar 1930 gelten, in welchem er inmitten der Kirchenverfolgungen deren Vorhandensein abstritt. Dieses „Interview“ war eine reine Fälschung. Wie Kirchenhistoriker nach dem Fall der Sowjetmacht im Präsidialarchiv feststellten, war es auf Weisung des Politbüros von E. Jaroslavskij verfasst und dann von Stalin redigiert worden. Ungeachtet der Falsifizierung, hielten es damals Metropolit Sergij und die Mitglieder seiner Synode nach der Veröffentlichung nicht für möglich, es zu desavouieren (Mitrofanov G., Erzpr. Essays zur Geschichte der Russisch-Orthodoxen Kirche des 20. Jh. Kirche in Verfolgung. Kirche in Haft. M.: Praktikum, 2021. S. 370). 

[17] „Bei solchen Leuten, die die „Zeichen der Zeit“ nicht begreifen wollen, kann auch der Eindruck entstehen, man könne nicht mit dem alten Regime und selbst mit der Monarchie nicht brechen, ohne mit der Orthodoxie zu brechen. Derartige Stimmung in gewissen kirchlichen Kreisen, die sich sowohl in Worten als auch in Taten äußerte und den Verdacht seitens der Sowjetischen Macht auf sich zog…“ (aus der „Deklaration“ des Metropoliten Sergij vom Juli 1927. Akten des Hl. Patriarchen Tichon…, a.a.O. S. 513).

[18] Laut dem Protokoll eines Verhörs im Februar 1930 wurde Metropolit Kyrill danach gefragt, ob nicht die “Deklaration“ (=Loyalitätserklärung) von 1927 des Metropoliten Sergij der Anlass war, mit Letzterem die kanonischen Beziehungen aufzukündigen. Darauf sagte Metropolit Kyrill: „Ich betrachte diesen Appell (d.h. die Loyalitätserklärung – D.S.) als ein politisches Dokument, das in der persönlichen Verantwortung der Unterzeichner liegt, denn ich halte es selbst für unannehmbar, die kirchliche Tätigkeit mit irgendwwelchen politischen Ansichten und Mutmaßungen zu vermischen“ (Archiv UFSB RF im Kreis Krasnojarsk. D. P-17429. Bl. 50 (Zitiert nach: Masyrin A., Pr., Die höchsten Hierarchen über die Nachfolge der Macht… S.73))

[19] „Weder zu meiner Zeit als unmittelbarer Leiter noch danach war von einem politischen Vergehen seitens der Geistlichen die Rede. (…) Ich bin gerne bereit anzuerkennen, dass sich die Regierung selbst von dem Unpolitischsein der Orthodoxen Kirche längst überzeugt hat“ (Das Wort des Verwesers. Briefe des Patriarchatsverwesers und Hl. Märtyrers, des Metropoliten Pjotr (Poljanskij), an den Metropoliten Sergij (Stragorodskij) aus der Verbannung in Tobolsk; Menschen, die dem Erscheinen dieser Dokumente beitrugen/ Publ. des Erzpr. Wladimir Worobjev und O.V. Kossik // Der Bote der Orthodoxen Geisteswissenschaftlichen Universität zu Ehren des Hl. Tichon II: Geschichte. Geschichte der Russisch-Orthodoxen Kirche. 2009. Ausg. II: 3 (32). S. 37-69. 

[20] Redewendung, die eine Andeutung auf eine der bekannten Textpassagen aus Metropoliten Sergijs „Deklaration“ von 1927 darstellt (Iswestija ZIK UdSSR und WZMK. 1927. Nr. 188 (3122). 19. August).

[21] Im November 1927 bewertete der Pseudometropolit Aleksandr Wwedenskij folgendermaßen seine jüngst unversöhnlichen Opponenten: „ In Bezug auf Sergij Stragorodskij und dessen Mitstreiter würde ich sagen, dass sie unsere Schüler sind. Sie sind, Gott sei Dank, aus der Vorschulklasse in die erste Klasse der Politfibel versetzt worden“(Vortrag im Plenum der Hl. Synode 22/ XI – 1927 des Metropoliten Aleksandr Wwedenskij // Der Bote der Heiligen Synode der Orthodoxen Kirchen in der UdSSR. 1928. Nr. 1. S. 12).

[22] Worte des Metropoliten Kyrill aus seinem Brief vom 30. Januar 1930 an Metropoliten Sergij (Zhuravskij A.V. Im Namen der Wahrheit und Würde der Kirche… S. 326).

[23] Mit diesen Worten im Schreiben vom 15. April 1934 an Erzbischof Serafim (Samojlowitsch) gab der künftige Hl. Märtyrer Bischof Damaskin (Cedrik) dem Sergianismus seine Definition (Mazyrin A., Pr., Die höchsten Hierarchen über die Nachfolge der Macht in der Russisch-Orthodoxen Kirche in den 1920er – 1930er Jahren. S. 124). Mit dieser Definition ist Priester Aleksandr Mazyrin grundsätzlich einverstanden, mit dem Vorbehalt, dass „es nicht ganz gerecht wäre“, Metropolit Sergij zu verdächtigen, sein persönliches Wohlergehen anzustreben (Mazyrin A., Pr. Zur Frage über die „Erneuerer – Natur des Sergianismus“. Der Bote der Orthodoxen Geisteswissenschaftlichen Universität zu Ehren des Hl. Tichon II: Geschichte. Geschichte der Russisch-Orthodoxen Kirche. 2015. Ausg. 2 (63). S. 96).

[24] Im Übrigen war Metropolit Sergij zu seiner Zeit bereit, auch das „weiße Episkopat“ anzuerkennen, wie er das der höchsten kirchlichen Verwaltung der Erneuerer am 25. August 1922 mitteilte (Mazyrin A., Pr. Zur Frage über „die Erneuerer – Natur des Sergianismus“. S. 90).

[25] Wie einer von ihnen, „Erzpriester“ Boris Dikarev, im Februar 1923 an Tutschkov schrieb, „in der gesamten Bewegung des Erneuerertums interessiert mich nun ausschließlich eine Seite – der gesellschaftlich-politische Kampf. Die Milde meines Charakters habe ich nun überwunden und führe die Linie der Zerstörung der gesamten schwarzen Hundertschaft der Kirche gnadenlos durch“ (Mazyrin A., Pr. Ebenda. S. 92).

[26] Im Russischen bedeutet ”Etappe” und ”Etappieren” die Überführung ins KZ, Verbannung oder ein weitab liegendes Gefängnis. – Red.

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