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"Wahrer Gott vom wahren Gott": Nizäa – Ökumenisches Zeugnis der Kirche

Autor: Erzpriester Nikolai Artemoff

Es finden sich über die Jahrhunderte – stets aufs Neue – Interpretationen des Christentums, ähnlich der, welche zum 1. Ökumenischen Konzil führte. Christus wird gern eingereiht in die Schar von Propheten, von Weisheitslehrern, sogar von Yogis. Selbst auf die höchste Ebene gesetzt, bleibt Er so einer von Vielen. Es bietet sich an, klingt logisch: «Er war doch so ein einfacher Mensch; wie kann man ihn Gottessohn, ja Gott nennen? Das ist doch absurd!»

Christus Pantokrator, Sinai, 6. Jh.
Christus Pantokrator, Sinai, 6. Jh.

Der Einwand ist elementar. Aber da steht plötzlich Jesu Anspruch im Raum. Gehen wir an diesem Anspruch vorbei, verpassen wir das Phänomen Christus. Schließlich wurde Er für diesen Anspruch gekreuzigt (Jo 8,55). Ja, die «Menschwerdung»! Der Kontrast könnte nicht größer sein — Gott und irdischer Mensch zugleich? Nehmen wir Seinen Anspruch ernst...

Er stellte den Aposteln die Frage, was die Menschen von Ihm dächten, wer Er sei, und dann, was die Apostel meinen. Die Antwort des Apostel Petrus ­— «Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes» — erhält vom Herrn die Seligpreisung mit Hinweis auf den Unterschied von fleischlichem, irdischen Denken und der Offenbarung vom himmlischen Vater. Danach spricht hier der Herr von Seiner Kirche. Umgehend aber zeigt sich, dass solche Erfahrung nicht leicht zu bewahren ist: Wenig später nennt Jesus denselben Apostel Petrus «Satan» — aufgrund derselben Unterscheidung (Mt 16,13-23).

Die Väter des Konzils waren gerufen, Antwort zu geben auf die Frage: Wer ist dieser...? (Mt 8,27) Antwort auf die lebensentscheidende Glaubensfrage nach Gott und Gotteserkenntnis, nach dem Sinn der Gottessohnschaft auf dem Hintergrund der Menschwerdung.

Die Konzilsväter bewahrten und erschlossen die Logik des Glaubens: Zentral für die Offenbarung ist Christus, erkannt als Gottessohn, als Logos der Schöpfung, als der Schöpfer selbst. Der himmlische Sohn ist in jeder Hinsicht einzigartig: «Niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und den Vater kennt niemand als nur der Sohn und wem der Sohn es offenbaren will» (Mt 11,27 vgl. Jo 1,18; 3,11-13; 6,44.65; 10,15; 12,45 etc.). Er ist nicht einer von Vielen.

Der Auferstandene hat den Jüngern geboten, die Ganzheitlichkeit zu bewahren, nämlich «alles zu glauben, was bei Moses, den Propheten und in den Psalmen» von Ihm gesagt sei. Dies, nichts anderes, vollbringt das Konzil von Nizäa und zeigt die Ganzheit und Gesamtheit der inneren Einheit der Verkündigung auf, wider alle Zweifel und Doppeldeutigkeiten in einem Wurf des Bekenntnisses, die Überlieferung und Praxis der Kirche bestätigend und von ihr bestätigt.

Was die Trinität betrifft, ist die Taufpraxis «im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes» (Mt 28,19) bestimmt vom Wort Jesu Christi. Wenn der Apostel Petrus von der Taufe «auf den Namen Jesu Christi» (Apg 2,38) spricht, ist das keine Abänderung: Es geht es um die vom Gottessohn Jesus Christus befohlene eine Taufe im Namen Gottes des Dreieinigen.

Der Sohn Gottes, Gottes Wort und Weisheit (Sophia), der Fleisch und Mensch wird, «war» (gemäß Jo 1,1) «im Anfang», «hatte die Herrlichkeit» beim Vater «ehe die Welt war» (Jo 17,5), also vor dem Anfang,  und ist daher in jeder Hinsicht «der Anfang» (Kol 1,18), «das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende» (Offb 22,13, vgl. 21,6; 1,8; und Jes 44,6). «Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor aller Schöpfung» (Kol 1,15) — daher im nizänischen Bekenntnis: «wahrer Gott, vom wahren Gott».

Griechischer Schriftzug um das Fresko: "Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste (der Anfang) und der Letzte (das Ende)"
Griechischer Schriftzug um das Fresko: "Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende …"

In diesem Bekenntnis zu Gott als Allmächtigen und Schöpfer steht noch vor Erwähnung der Schöpfung diese Erweiterung: Er ist eben nicht nur «der eine Gott», sondern «der Vater». Dieser Name setzt unbedingt bereits «den Sohn» voraus: Die Bezeichnung «Vater» impliziert ja «den Sohn» personal. So wird Vater und Sohn vereint und zugleich unterschieden gesehen in dem einen Schöpfungshandeln, im Alten Testament «Sophia» (Spr 8,22) und im Neuen: «Mein Vater wirkt bis jetzt, und Ich wirke.» (Jo 5,17).

Die Herausforderung betraf die Einheit von Sohn und Vater, den «einen Gott», den Monotheismus, mithin das Verständnis vom personalen Gott: Ist ausschließlich der vom Sohn genannte Vater im Vollsinn Gott? Sind somit «zweitrangig» der Sohn und der vom Sohn genannte Heilige Geist? Oder wie ist die Dreiheit in Einheit — der vollkommene Gott? In der Auseinandersetzung mit den Arianern wurde die vorewige Natur aller drei Personen gemäß der Offenbarung geklärt, indem jegliche Reduzierung der Stellung von Sohn und Geist zurückgewiesen wurde.

Der menschliche Verstand gleitet leicht aus, ist versucht, geschöpfliche Kategorien in die Gottheit einzuführen, während es gilt «Geschaffenes» und «Ungeschaffenes» zu unterscheiden. Als Menschenwerk stützen sich Häresien stets auf das Herausgreifen von Einzelaussagen. Vereinfachung, Teilaspekte der Heiligen Schrift fügen sich zur Bereitschaft, die Person Christi nach eigenem Geschmack zu reduzieren. Menschliche Hybris, Einbildung tut das ihre.

Um dem Verstand genüge zu tun, beschränkte der Arianismus die Fülle der Gottheit einseitig auf den Vater und ging so weit, dass es eine Zeit gab, da der Vater nicht Vater war, und der Sohn ein «späteres», nicht der Vor-Ewige. Als zwischen Gott und Welt vermittelnder Mit-Schöpfer wurde der Sohn gleichwohl als «höchstes» gedacht, aber eben als vom Vater «geschaffen», und zwar in der Zeit und aus dem Nichts. Der Sohn, Wort und Weisheit Gottes (Logos und Sophia) wurde so ins Reich des Geschöpflichen verwiesen, also der Welt. Dieser mißratene Versuch einer «Rettung des Monotheismus» verwirft die Offenbarung vom dreieinigen Gott. Mochte die gewohnte christliche Terminologie beibehalten bleiben — durch abgewandelten Kontext entstand eine grundsätzlich andere Interpretation.                                            

Die Heilige Dreiheit, Andrej Rublev, 15. Jh.
Die Heilige Dreiheit, Andrej Rublev, 15. Jh.

Auch wider die zahllosen heutigen systemischen Verschiebungen ist die Antwort des Konzils von Nizäa ein Heilmittel. Nachfolgende Konzilien entfalteten in der Trinitätslehre und Christologie diese klare Antwort der Gesamtkirche angesichts neuer Herausforderungen. Im gleichen Atemzug sind zu nennen: Die spätere Behauptung vom vorewigen «Ausgang» des Heiligen Geistes «auch vom Sohn» (filioque), und die noch spätere Nicht-Unterscheidung der Energien — der «geschaffenen» und «ungeschaffenen» Wirkungen Gottes. Stets geht es hierbei nicht um Worte und Begriffe, sondern um dialogische, personale Gebetserfahrung und um konkrete, konziliare Gotteserfahrung der kirchlichen Gemeinschaft.

Wie das Sendschreiben Alexanders, des Bischofs von Alexandrien, an den anderen Alexander, Bischof von Konstantinopel, bereits im Vorfeld des Konzils zeigt, waren sich die Väter der offenbarten Ordnung in der Dreiheit bewusst. Dies erweist der Kontext des Wortes vom «Einziggezeugten». Die Arianer gingen von «Zeugung» als einer Entstehung aus und unterstellten, hier wären zwei ungezeugte Vollkommenheiten nebeneinander — ein Unding. Die Zurückweisung durch die Orthodoxie lautete, ein Unding sei die Seinsweise der göttlichen Personen der geschöpflichen Denkweise unterzuordnen. Der menschliche Verstand sollte sich bescheiden angesichts der Unergründlichkeit Gottes, worauf Gott Selbst ihn hingewiesen hat, da er weder die Sterne am Himmel (Gen 15,5) noch die Sandkörner am Meer oder die Regentropfen zählen kann (Sir 1,2). Gottgemäß hat die Rede von Gott zu sein. Jegliche Perspektive von Entstehung, jegliche Unterordnung unter einen Zeitbegriff ist weggenommen, wenn der Glaube verkündet wird an «den einen Sohn Gottes, den Einziggezeugten von seinem Vater, vom Wesen des Vaters» und Dieser ist «gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens (homoousion) mit dem Vater». Nichts darf die Göttlichkeit des Sohnes reduzieren.

Im Resultat ist das «Gezeugtsein» des Sohnes lediglich ein vom Sohn selbst offenbarter Hinweis auf seine personale Beziehung zum Vater, auf die Abhängigkeit vom Vater. Auf diese weist das Wort des Mit-Anfanglosen Sohnes vom Anfanglosen Vater: «Der Vater ist größer als ich» (Jo 14, 28). Größer? In Zentimetern? Älter vielleicht? Nicht in Zeit und Raum, sondern: Ursache für die personale Seinsweise von Sohn und Geist ist der Vater. Das hat keinerlei Folgen etwa für Anfanglosigkeit, Macht, Ehre – wie die Arianer fälschlicherweise annahmen –, denn hier, wie in allen anderen göttlichen Eigenschaften, ist die Natur der drei Personen vollkommen gleich, identisch. So gründet die Einheit des dreieinigen Gottes in des Vaters Person, keineswegs in der allgemeinen Gottes-Natur. Diese Sicht von den drei Personen (personale Eigenschaften), einerseits, und den allen dreien eignenden allgemeinen Eigenschaften, andererseits, schließt Vermischung ebenso wie Trennung aus. Die Beziehungseigenschaft (personal) — das «Gezeugtsein» — ist als Einzigartigkeit streng zu unterscheiden von allen Eigenschaften der allgemeinen Natur. So wird ein tiefes personales Verständnis von Gott erschlossen, das aus der Offenbarung kommt, und festgelegt, ohne Anspruch, Gott erschöpfend dargestellt zu haben: Die Unergründlichkeit und Freiheit Gottes, der drei göttlichen Personen wird in dieser Sichtweise nicht eingeschränkt, sondern offengehalten.

Die Worte «Licht vom Licht» im Glaubensbekenntnis sprechen über diese Beziehungsweise in Anlehnung an Hebr 1,3: «Er, der da Abglanz Seiner [des Vaters] Herrlichkeit und Ausprägung Seines [des Vaters] Wesens (hypostasis) ist», und 2 Kor 4,4: «das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, der da ist das Bild Gottes» (vgl. 2 Kor 3,17 f), «damit erstrahle die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes, die auf dem Antlitz Christi ist» (2 Kor 4,6). Und in Psalm 36 (35),10: «Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Lichte schaun sie das Licht» (vgl. Doxologie).

Dieses Person-Prinzip wird vom wahren Gottessohn offenbart. Es gründet real in Christus. Ist und durch ein Leben in Ihm erfahrbar. Die Folgen: Von einem solchen unwandelbaren und daher sündenlosen Gottessohn her ergibt sich die menschliche Sohnschaft zu Gott. Letztere aber ist unterschieden von ihrer Quelle. Der Auferstandene unterscheidet so: «Ich steige hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, meinem Gott und eurem Gott» (Jo 20, 17).

Die Vaterschaft ist so göttlich ewig, wie die Sohnschaft göttlich ewig ist. Der Sohn ist heilig und gewährt Heiligung durch den Heiligen Geist, weil er im Vollsinn des Wortes ewiger und unwandelbarer Gottessohn dieses göttlichen Vaters ist — «vom Wesen des Vaters». Die Arianer dachten demgegenüber — Christus reduzierend — an eine dynamische Vervollkommnung des Sohnes, analog menschlicher Verbesserung (ein Thema, das im 5. Jahrhundert im Nestorianismus aktualisiert wird).

Und der Heilige Geist? In gleicher Weise gilt die personale Abhängigkeit des Heiligen Geistes vom Vater. Einzigartig ist die personale Beziehung des «Geistes der Wahrheit» zum Vater, der von Christus als «der Andere» (Jo 14,17) und «vom Vater Ausgehende» (Jo 15,26) bezeichnet wird. Bischof Alexander von Alexandrien bringt dies im Vorfeld des Konzils so zur Sprache: «Indem wir diese fromme Lehre vom Vater und Sohn annehmen, wie es uns die Schriften lehren, bekennen wir in gleicher Weise den einen Heiligen Geist». In engster Verbindung und unmittelbar darauf heißt es bei ihm: «Wir bekennen zugleich die eine und einzige, katholische, apostolische Kirche» (Sendschreiben).

Ohne auf den Heiligen Geist näher einzugehen — das Glaubensbekenntnis des Konzils endet ja mit den Worten: «Und an den Heiligen Geist» — konzentrierte das Konzil seine Antwort wider dem Arianismus in dem Wort, das einzig nicht der Heiligen Schrift entstammt: Als «homousios», d.h. dem Vater wesens-identisch, also von uneingeschränkt derselben Natur, wird der Sohn bezeichnet. Der Vater ist als Gott all-mächtig, all-wissend, all-gegenwärtig, all-gut und all-liebend — aber dieselben Eigenschaften hat der Sohn. Dies wird im Glaubensbekenntnis von Nizäa in zwei Dreischritten festgemacht: der Sohn ist «Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott» und im zweiten Passus: «gezeugt, nicht geschaffen, wesenseins mit dem Vater».

Nur die Erscheinung dieses und eines solchen Gottessohnes vermag jene Offenbarungsperspektive in diese Welt hineinzubringen, die herausreißt aus der gefallenen geschöpflichen Welt. Der Sohn vollbringt diese Befreiung aus eigener Vollmacht als der Fleischgewordene, nicht ohne Vater und Geist. Gegründet auf das Evangelium Christi widerstand das Konzil jeglicher Reduzierung des Sohnes. Erlösung, Errettung, Heil ist im wahren Gottessohn, mit Vater und Geist.

Vereint haben sich hierbei alle drei entscheidenden Sichtweisen, die dem Wort Gottes und mithin der Heiligen Schrift eignen: Schöpfung, Offenbarung, Erlösung.

Die Erlösung kommt durch die Offenbarung des «von den Himmeln Herabgestiegenen», des «Fleischgewordenen und Mensch gewordenen», mit dem einen Ziel: «für uns Menschen und zu unserer Errettung» Mensch gewordenen. Wiederum um unsretwillen, «für uns», wird Er über im Credo genanntes «Leiden» zum «Auferstandenen».

Dieser «vom Himmel Herabgestiegene» ist der Schöpfer selbst. Der so Geglaubte hat in Seiner ewigen Person das Göttliche mit dem Menschlichen vereint. Hat den Tod in Seiner Menschennatur vernichtet durch Seine Auferstehung. Im Weiteren erhöht Er zur Erfüllung der einen wahren Offenbarung Gottes die in Ihm erlöste Menschennatur in die Himmel, führt sie ein in die Herrlichkeit der Dreieinigkeit.

Er ist, an Dem die Welt mit ihrer Geschichte Gericht erfahren wird — nämlich Gott der wahre Richter. Und dies nur deshalb, weil Er der einzige Schöpfer, Offenbarer und Erretter ist. Durch Ihn und in Ihm wird die Freiheit des Menschen in Einordnung verwirklicht.

Besiegelt wird diese Gottesverkündigung von Nizäa — das Ende ohne Ende — kurz und prägnant mit den Worten der Gegenwart des Heiligen Geistes: «Und an den Heiligen Geist».

Die Beendigung entspricht in gewisser Weise dem ersten Konzil in Jerusalem, dem Apostelkonzil, das mit dem Hinweis auf den Heiligen Geist seine Arbeit beschloss: «Der Heilige Geist und wir haben beschlossen...» (Apg 15,28).

In Nizäa wurde die kirchliche Lehre vom Heiligen Geist nicht präzisiert, weshalb später neue Zweifel und Streitigkeiten folgten. Es war weiteren Jahrzehnten vorbehalten, Angriffe zurückzuweisen und aus der kirchlichen Überlieferung Antworten auf Streitfragen zu geben. Die Ergänzungen, die hier heranwuchsen, bestätigten, was im Wirken des ersten Ökumenischen Konzils angelegt war. Abschließend soll es hier zur Sprache gebracht werden. 

Schon die frühen Glaubensbekenntnisse beinhalteten den Glauben an die Kirche, eine starke Verwirklichung dieses Glaubens erfolgt in Nizäa. Natürlich lebt die Kirche durch den Heiligen Geist, wie schon die Tauffrage des hl. Hippolyt (+ 235) deutlich macht: «Glaubst du an den Heiligen Geist in der heiligen Kirche und an die Auferstehung des Fleisches?» Das Bekenntnis zu der «einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche» ist Praxis. Die kirchliche Praxis gibt die zeitlose Antwort der Kirche (Leib Christi) von ihrem Haupt Christus her (1 Kor 12,27; Eph 4,15). Der Glaube an die eine Kirche Christi bestimmt die Einberufung und Durchführung des Konzils. In der späteren Ergänzung zum Glaubensbekenntnis wird der Heilige Geist als Gott und Schöpfer, als dritte Person der göttlichen Trias erwiesen: «Herr und Lebenschaffender» in einzigartiger Beziehung zum Vater stehend und von derselben Gottes-Herrlichkeit. Anbetung, Offenbarung der Propheten, Taufe, Auferstehung, Endgericht und neue Weltzeit werden in der Ergänzung nochmals, nun explizit, zu einer Einheit verbunden. Aber all dies ist in der Überlieferung schon vor Nizäa enthalten. Schließlich wird der Gesamttext des Nizäno-Constantinopolitanum im 3. Ökumenischen Konzil (431, Kanon 7) festgelegt und im 4. Ökumenischen Konzil (451) bestätigt, das Christus als «vollkommen in Gottheit, vollkommen in Menschheit, wahrer Gott und wahrer Mensch» in einer Person. Ein klares Zeugnis wird geleistet von dem Organismus, der «Leib Christi — Kirche» heißt. Dafür, dass dies kein einfacher Prozess ist, legt die Kirchengeschichte beredtes Zeugnis ab. 

"Was ist Wahrheit? Christus und Pilatus", 19. Jh., heute in der Tretjakow-Galerie
"Was ist Wahrheit? Christus und Pilatus", 19. Jh., heute in der Tretjakow-Galerie

Die Welt ist wegen ihrer inneren Unordnung geneigt, mit den ihr eigenen — äußeren, weltlichen — Kategorien die von Gott in Wahrheit zur Erlösung offenbarte Ordnung zu verkehren. Durch Akzentverschiebungen und winzige, scheinbar unerhebliche Veränderungen wird die Entfernung vom ganzheitlichen Glauben schmackhaft gemacht.

Dort wo die vom nizänischen Konzil im Vollsinn des Wortes behauptete Göttlichkeit des Sohnes Gottes in Abrede gestellt wird, greift Verweltlichung um sich, damals in Angleichung an das heidnische römisch-griechische Element, heute an das neu-heidnische, gottferne Denken des Relativismus. Manchmal sogar durch Anzweifeln dessen, ob es überhaupt eine Wahrheit gebe.

Das Bekenntnis zum Logos Gottes als Ursprung und Grundlage dieses Kosmos (gr. Ordnung) sieht eine Logik im gesamten Weltgeschehen, einen Sinn im menschlichen Dasein, entwickelt ein Wachstum in der geistlichen Erkenntnis. Dies widerspricht keineswegs der modernen Wissenschaft (ein Zeuge unserer Zeit ist der Oxforder Mathematikprofessor John Lennox, aber auch viele andere Wissenschaftler). Dem steht die Behauptung entgegen, die Welt sei zufällig, die evolutionäre Entwicklung sei ohne jede innere Intention, bar geistlicher Dimension — das ist Neu-heidnisch, Neu-Atheistisch.

Zeitlos, und daher auch hochmodern, ist das im Gottessohn-Christus offenbarte und in Nizäa verteidigte personale Prinzip. Es begründet letztlich in unergründlicher Tiefe die Einzigartigkeit und Freiheit einer jeden Person, wider jeglichen — sei es altrömischen, oder neuzeitlichen — Kollektivismus bzw. Totalitarismus.

All diesen Versuchungen setzt die Kirche aus ihrer Erfahrung die Liebe des Schöpfers und die Liebe zum Schöpfer entgegen: Das Konzil von Nizäa trägt das Feuer in sich, welches Christus selbst auf die Erde geworfen hat (Lk 12,49; Apg 2,3). In gleicher Weise, durchaus streitbar, wurde und wird dieser Glaube an den einen Schöpfer, Offenbarer und Erlöser weitergegeben in der Überlieferung der einen Kirche, welche die Heiligung, ihr liturgisches Leben, das Zeugnis im Geiste Christi täglich lebt, mit Seiner Überwindung der Welt (Jo 16,33). Und von da her auch das konziliare Erbe trägt — und von diesem Erbe getragen wird.

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